Atemschutzgeräteträger-Ausbildung 04.04.2009

Markt Schwaben – 4.4.2009. Das Technische Hilfswerk Markt Schwaben lässt derzeit drei weitere Helfer für schweren, umluftunabhängigen Atemschutzeinsatz ausbilden. Zu diesem Zweck müssen sich die Einsatzkräfte momentan einer umfassenden Einführung durch die Ausbilder des Geschäftsführerbereiches München, M. Peetz und F. Hellmich über Gerätetechnik ebenso wie Einsatztaktik unter Atemschutz und besondere Instruktionen zur Unfallvermeidung unterweisen lassen. Praktische Aufgaben und der enthaltene gefürchtete Drill dieser Ausbildung unterbrechen das Programm im Klassenzimmer.

An das Atemgerät gewöhnten sich die Helfer vergleichsweise harmlos auf einer Tour nach Ebersberg inklusive einem Gang auf den Aussichtsturm. Die besonderen Leckerbissen folgten dagegen später. Mit verbundenen Augen, vollständiger Schutzausrüstung und Atemluftflasche auf dem Rücken ließen die Ausbilder ihre Schützlinge die Fahrzeughalle am Boden absuchen, um einerseits schnelle Suchtaktiken unter Beweis stellen als auch die Orientierung im Hindernischaos zu behalten. Als einziges Hilfsmittel bekam das Team zu Beginn lediglich eine Sicherungsleine in die Hand gedrückt. Sehr häufig ist die Sicht im Einsatz unter Atemschutz enorm eingeschränkt, erklärt der Ausbilder, oder im Rauch sogar vollständig unterbunden. Wärmebildkameras stellen zwar eine mögliche Orientierungshilfe dar, darauf angewiesen sollte ein einsatzbereiter Helfer jedoch auf keinen Fall sein.

Zusätzlich zum umluftunabhängigen System mit Atemgasflasche wurden die Helfer auch mit Einsatz von Atemmasken mit Filter vertraut gemacht. Zur Eingewöhnung schickten sie die Ausbilder auf eine Laufstrecke durch Markt Schwaben.

Weitere Einsatzübungen sollten die Helfer in dieser Ausbildung mit dem Ernstfall vertraut machen, um auch in extremen Stresssituationen im Zweifel entsprechende Check-Listen in Gedanken zu haben und abarbeiten zu können. Eine Besonderheit des Technischen Hilfswerkes bildet die Rettung eines anderer Atemschutzgeräteträger, die möglicherweise Opfer eines Unfalls geworden sind. Als ungewöhnliche Eigenart verfügen die Atemgeräte des THW stets über einen Zweitanschluss, der bei üblichen Standardsystemen relativ unbekannt ist. Ein bewusstloser Gefährte kann mit diesem Hilfsmittel nach der Erstversorgung zur Rettung an die eigene Sauerstoffversorgung angeschlossen werden. Da gerade der Sicherheitsaspekt eine zentrale Rolle spielt, bildet das Training der Rettung anderer Atemschutzgeräteträgern auch nach Abschluss der Grundlagenausbildung ein elementares Thema der regelmäßigen Ausbildung und Einsatzübungen.

Nach Abschluss der Prüfung sollen die drei Helfer S. Brajkovic, M. Huber und Ch. Lichter in Zusammenarbeit mit den übrigen Atemschutzteams des Ortsverbandes für Einsätze an Gefahrenstellen bereitstehen, die eine Verwendung von Pressluftatemgeräten erfordern.

Die typischen Einsatzbereiche für Atemschutz sind dabei äußerst breit gestreut, ebenso folglich auch die Anforderungen an die entsprechenden Einsatzkräfte. Im Allgemeinen erweisen sich Pressluftatemgeräte als ‚Türöffner’ zu Einsätzen an Orten, die nur unzureichende Sauerstoffkonzentrationen aufweisen. Oft dienen sie auch zum Schutz der Rettungseinheiten vor möglichen Vergiftungen bei Verdacht einer unbekannten schädigenden Verbindung in der Luft, die nicht alleine mit einem Atemfilter ausgeschlossen werden können.

Die tatsächlichen Optionen hängen schließlich an der entsprechenden Spezialisierung der einzelnen Einsatzkräfte. Atemschutz stellt in den seltensten Fällen einen Selbstzweck dar, sondern dient alleine zur Ermöglichung oder Sicherung der ursprünglichen Aufgabe. Die Feuerwehr bedient sich der Unabhängigkeit von der Umgebungsluft beispielsweise vor allem bei der Brandbekämpfung und der Rettung von dabei betroffenen Opfern. Bei fortgeschrittenen Flammen im Inneren von Gebäuden zählt diese Aufgabe unter der Last der schweren Ausstattung zu einer der Königsdisziplinen des Atemschutzes.

Aber auch nach Bränden bleibt der Einsatzort entweder wegen Rußniederschlägen oder aufgrund anderer giftiger Verbrennungsprodukte meist Sperrgebiet. Die Brandwache erfolgt somit weiter unter Atemschutz. Interne Richtlinien im Brandschutz sehen bei dafür sogar mehrere Stunden nach dem Ablöschen vor, um ein erneutes Aufflammen sofort erkennen und unterbinden zu können. Derart lang andauernde Einsätze werden in der Regel ausschließlich im Schichtbetrieb bewältigt.

Als Unterstützung oder Ablösung bei Schichteinsätzen stehen auch die Helfer des THW zur Verfügung, um zusammen mit dem speziellen Know-how der Feuerwehr deren Einsatzkräften bei dieser herausfordernden Aufgabe behilflich zu sein, erklärt M. Peetz. Er verweist dabei auf einen seiner eigenen Einsätze, bei dem er mit einer Mannschaft bei einem größeren Brand an der anschließenden Wache teilgenommen hatte.

Die zentrale Kompetenz des Technischen Hilfswerkes liegt jedoch in Bergungseinsätzen. Insbesondere bei LKW-Transporten mit Gefahrengütern, aber auch bereits bei gewöhnlichen Industriegütern ist stets Vorsicht zu wahren. Ein verunglückter Transporter mit Fliesenkleber empfiehlt aus Gesundheitsgründen bereits das Umsteigen auf Pressluftatemgeräte.

Die Koordinatoren eines Einsatzes erfordert an diesen Stellen meist sehr feines Fingerspitzengefühl. Speziell bei Gasen in der Umgebungsluft ist meist nicht sicher geklärt, um welche Stoffe es sich genau handelt und ob zudem der Restsauerstoffgehalt ausreichend wäre. Aus diesem Grund ist der Verwendung einer Atemschutzmaske mit Kombinationsfilter trotz der deutlich größeren körperlichen Belastung für den Helfer das umluftunabhängige System oft vorzuziehen.

Für den Ortsverband Markt Schwaben, der eine Gruppe mit Sprengspezialisten als taktische Delikatesse bereithält, findet Atemschutz – sowohl in der schweren, umluftunabhängigen Version mit Atemgasflasche als auch als Atemschutzmaske mit Filter – jedoch noch in einem weiteren Gebiet Anwendung. Je nach Sprengobjekt ist ggf. bei der abschließenden vorgeschriebenen Begutachtung, die der Sprengberechtigte selbst durchzuführen hat, bereits das Tragen von Atemschutz ratsam. Bei der Sprengung von Rauchabzugsöffnungen nahe dem Brande gelten für die Sicherheitsvorkehrungen schließlich dieselben Maßstäbe wie bei den Löschkräften.

Der Einsatz als Atemschutzgeräteträger genießt den Ruf einer körperlich außerordentlich anstrengenden Leistung, aber auch einer unvergleichlichen Fähigkeit. Mit dem Atemgerät auf dem Rücken lasten zusätzlich zur gewöhnlichen Schutzausrüstung mindestens weitere 16 kg auf den Schultern. In Summe gesellt sich dies jedoch nur zur bereits hohen Anstrengung der eigentlichen Arbeit hinzu.

Auf der Basis dessen sieht die deutsche Unfallversicherung der Berufsgenossenschaften für Helfer, die mit Atemschutzgeräten Einsätze absolvieren sollen, die medizinische Grundsatzuntersuchung 26 vor. Die Klasse drei für Atemschutzgeräte über 5 kg Eigenmasse und erhöhtem Atemwiderstand ist dabei für umluftunabhängigen Atemschutz maßgeblich, die weniger strenge Klasse zwei ist dagegen beispielsweise für Atemfiltersysteme ausreichend.

Die hohe körperliche Belastung und die zeitliche Begrenzung aus Anstrengungsgründen ebenso wie die begrenzte mitführbare Sauerstoffreserve macht eine gewissenhafte Betreuung der einzelnen Helfer durch die Einsatzleitung vonnöten. Dazu zählt nicht nur die zeitliche Überwachung und Koordination der eingesetzten Trupps, sondern auch deren aktuelles körperliches Befinden, das durchgehend diagnostiziert und im Auge behalten werden muss. Dies bescherte den gern gesehenen Helfern mit Atemschutzausbildung nicht selten eine Aura der Verwöhnung.

 
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Artikel #235 erstellt/geändert von TE / sg / mpe / StS am 2012-06-01 15:27:11